Third Wave Coffee - Was steckt hinter der dritten Kaffeewelle?

Der Beitrag: Third Wave Coffee - Was steckt hinter der dritten Kaffeewelle? wurde am Donnerstag, 09. November 2017 veröffentlicht und unter Allgemein abgelegt.
Third Wave Coffee - Was steckt hinter der dritten Kaffeewelle?

Hipp, trendig, Modeerscheinung? Was hat es mit der 3Wave auf sich?


Kaffee ist in aller Munde. Nicht erst seit gestern beschäftigen sich Röster, Baristen und natürlich die Kaffeekonsumenten mit dem Produkt. Eine immer größer werdende Subkultur von Kaffeekennern bestimmen diesen Trend. Was hat es auf sich mit der sogenannten „Dritten Welle“ und was ist das Besondere daran?

Von der ersten bis zur dritten Welle war es ein weiter Weg.


Wie in anderen Bereichen der Lebens- und Genußmittelbranche oder der anderen Konsumgüter ist die Nachfrage der Konsumenten und Verbraucher bestimmten Zyklen unterworfen. Produkte aus allen Bereichen werden immer wieder weiterentwickelt, neu aufgelegt oder als Retrodesign neu vermarktet. Einfach ausgedrückt ist das mit dem Kaffee nichts anderes. Nur hat es hier eine andere Dimension und ist deutlich weitergehend als eine einfache Neuauflage eines bestehenden Produkts oder Konzepts.

Die "Wellen" beim Kaffee sind vielmehr ein Spiegelbild der sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Verhältnisse der jeweiligen Zeit.

Früher war alles besser?! - Die erste Welle


Die Menschen waren froh, wenn Sie eine Tasse Bohnenkaffee trinken durften. Das „schwarze Gold“ war schon fast ein Zahlungsmittel - ein ganz besonders wertvolles Genussmittel. Entsprechend wurde es zelebriert. Aufwändig von Hand gemahlen und überbrüht. In teuren Porzellantassen präsentiert und mit abgespreiztem kleinen Finger genossen. Die Qualität des Rohkaffees war ein entscheidendes Kriterium, man kaufte reine Sorten wie Maragogype oder mindestens länderbezogen wie zum Beispiel der sehr beliebte Costa Rica Kaffee. Die Kaffeeanbauländer erhielten einen guten Preis - Kaffee war alles andere als billig. Der Wert des Produkts wurde geschätzt. Als erste Welle bezeichnet man in der Kaffeegeschichte allgemein die Zeit vor dem 2. Weltkrieg und die Zeit danach bis zur Wirtschaftswunderphase.

Der immer weiter steigende Kaffeekonsum beförderte die industrielle Erzeugung des begehrten Heißgetränks. Die Entwicklung des Instantkaffees war einer der Meilensteine auf dem Weg zum überall verfügbaren und billigen Kaffees. Immer mehr verschwanden die kleinen Kaffeegeschäfte mit ihren Porzellanschütten und großen Mühlen, die den Kaffee pfundweise für ihre Kunden frisch mahlten. Der Siegeszug der "Brick-Packs" begann. Kaffee gab es filterfein gemahlen und vakuumverpackt in den Supermärkten. Qualität spielte nicht mehr die entscheidete Rolle. Es ging und den Preis und die Menge, es ging um Macht in Kaffeegeschäft. Ein Kampf, den nur wenige Großkonzerne gewinnen konnten. Der Wert des Kaffees wurde völlig unterbewertet, das Wissen um den Kaffeeanbau und den Rohkaffee ebenso. Die handwerkliche Herstellung von Röstkaffee wurde immer unbedeutender.

Bottom Less Coffee geht in die 2. Runde


Die zweite Welle beginnt etwa Mitte der sechziger Jahre. Speziell die USA haben Kaffee im Überfluss. Er wird nicht wertgeschätzt sondern als dünne Plörre zu jeder Gelegenheit getrunken. Wir alle kennen die Lokale (Diner), in denen dem hungrigen Gast der Kaffee quasi nach geworfen wird. Auch in Deutschland setzte sich die Ansicht mehr und mehr durch, Kaffee sei ein überall und vor allem unendlich verfügbares Produkt, das nichts kostet. Einmal zahlen, soviel Kaffee trinken wie sie wollen, war auch in Deutschland der Trend an den Frühstücksbuffets.

In Amerkia waren einige wenige der Meinung, dass es neben der Instantplörre noch richtigen Kaffee geben müsste. Der aus den Niederlanden stammende Alfred Peet gründete in San Francisco Peet's Coffee. Er kannte die hochwertigen Kaffees und er wusste, wie man Kaffee handwerklich röstete. Schließlich gehörte seinem Vater eine relativ große Kaffeerösterei in Holland. Peet röstete seine Kaffees dunkel und bereitete damit starke aber wohlschmeckende Kaffees zu. Die Soldaten, die aus Vietnam zurückkamen und in den nahe liegenden Kasernen stationiert waren, liebten seinen Kaffee.

Es gab zu dieser Zeit, Mitte der Siebziger des letzten Jahrhunderts eine ganze Bewegung in den USA, die sich wieder mehr zu hochwertigem Spezialitätenkaffee bekannten. Die jüngeren, aufstrebenden Kaffeeröster, bauten quer durch den Westen der USA ihre Geschäfte auf - mit mehr oder weniger großem Erfolg. Neben vielen heute noch bekannten Namen in der Kaffeeszene haben es drei junge Männer besonders weit geschafft.

The 2nd Wave with Starbucks and Friends


Gerald Baldwin hat bei Alfred Peet das Kaffee rösten gelernt. Er war mit Alfred gut befreundet und sie beide einte die Liebe zum Kaffee. Als Baldwin mit seinen Freunden Gordon Bowker und Zev Siegl selbst ein Kaffeegeschäft eröffnen wollten, erlaubte Peet ihnen, sein Konzept inklusive der Ladenausstattung und --gestaltung zu übernehmen. Alfred Peet lieferte in der Anfangszeit den Kaffee an die drei Jungunternehmer, die sich im alten Hafen von Seattle ein Kaffee- und Teegeschäft aufgebaut hatten. Sie nannten es „Starbucks Coffee, Tea and Spice“ in Anlehnung an die Hauptfigur in dem Roman Mobby Dick. Schon bald hatten die drei Starbucks Gründer ihre eigene Rösterei mit einem alten Probat Röster aufgebaut.

In Deutschland war von alle dem nicht viel zu spüren. Zwar gab es auch hier Bewegungen hin zu mehr Qualität in den Produkten, aber in erster Linie feierten die Supermarktketten eine Umsatzmillion nach der anderen. Die kleineren Röstereien meldeten nacheinander Konkurs an. Die größten unter ihnen, Jacobs, Eduscho und Tchibo lieferten sich beinharte Konkurrenzkämpfe um Marktanteile und Mengen. Am Ende dieses „Kampfes“ sind nur noch die Markennamen wichtig. Eine Reihe von Fusionen hat den Kaffeemarkt auf Rösterseite gewaltig zerlegt. Gewinner sind die ganz Großen: Procter & Gamble, Nestlé, Sara Lee und Kraft Foods.  Sie sind Haupteigner der großen deutschen Marken und bestimmen das Kaffeegeschäft.

Kaffee wird in Deutschland über die Markennamen verkauft. Nicht etwa über die Bohnensorte oder die Herkunft des Kaffees. Man kauft Eduschos „Gala“ oder Jacobs „Krönung“. Es ist uninteressant, welcher Kaffee das im Einzelnen ist. Kolumbien, Brasilien, Kenia - keine Ahnung . Tchibo ist der einzige, der aus diesem Trend ausbricht und den berühmten „Costa-Rica-Kenia-Blend“ vermarktet.

Mit der 3. Welle schwappt die Tasse über


Seit den 1980er Jahren entwickelt sich in Skandinavien ein neuer Kaffeetrend, der seit Mitte der 1990er Jahren als „3rd Wave“ in den USA übernommen wird. Man spricht von der 3. Welle, weil es um eine neue Bewegung geht. Es geht wieder mehr um den Kaffee im Eigentlichen. Um die Bohne. Um den Anbau. Und um die Welthandelsbedingungen, die Ausbeutung der Anbauländer.  Wie bei fast allen Trends sind auch in diesem Fall die USA Trendsetter.  In den Staaten etabliert sich eine ganze Generation neuer Kaffeeröster, die hochanspruchsvolle Kaffees produzieren und auf Sortenreinheit und die Verarbeitung hochwertiger Arabica Bohnen achten.

In Deutschland ist das Thema noch nicht in Gänze angekommen. Aber auch hier bewegt sich einiges. Durch die vielen Italien-Urlaube haben auch die Deutschen die Liebe zum Espresso entdeckt. Den schlürft man „neuerdings“ auch gerne in den italienischen Eiscafés in den Fußgängerzonen der Städte. Komisch nur, dass er in Deutschland einfach nicht so gut schmeckt wie der italienische Espresso aus der italienischen Eisdiele. ;-)

Schnell erkennt die Industrie diesen Trend und ermöglicht den Deutschen Kaffeegenuss wie ihn die Schweizer mit dem Schümli und die Italiener mit dem Espresso schon lange kennen: Das Kolbenbrühverfahren  in Form von Kaffeevollautomaten soll die Wende einleiten. Damaliger Marktführer Saeco bringt sündhaft teure „Kaffeezubereitungsautomaten“ auf den Markt die einen ganz neuen Kaffeegenuss versprechen.

Zu dieser Zeit war ich schon lange in den Kaffee verliebt, wir mussten in unserem Haushalt natürlich ganz schnell einen solchen Automaten haben. Und es war ein tolles Kaffee Erlebnis. Viel gahaltvoller und aromatischer als der „normale“ Filterkaffee aus dem Supermarkt. Und endlich wieder ganze Bohnen - wenn auch sagenhaft teuer. Ich erinnere mich noch gut an eine Mischung einer kleinen italienischen Rösterei. Für das Kilo zahlte ich in Deutschland 56 DM. Trotzdem wusste ich nicht welche Herkunftsländer darin verarbeitet waren.

Mit den Vollautomaten wurde wohl auch die Basis für ein höheres Qualitätsbewusstsein geschaffen. Jedenfalls etablierte sich in Deutschland ein Trend hin zu besseren Kaffees. Nicht nur höherwertige Kaffeebohnen waren ein Thema, auch der Handel damit war zentraler Mittelpunkt. Transfair bot die Alternative und garantierte faire Preise für die Kaffeebauern bei gleichzeitig höherer Qualität des Kaffees.

Als wir unsere Kaffeerösterei im Jahr 2002 eröffneten, hatte dieser Trend gerade erst begonnen. Der Begriff „Coffeeshop“ wurde eher mit den kleinen Geschäften in den Niederlanden assoziiert als mit dem Konzept des hochwertigen Kaffeekonsums. Starbucks - Sie erinnern sich an die Drei aus Seattle - hatte eine neue Führungsriege. Howard Schulz hat Starbucks in Amerika zu der Kaffeemarke im Coffeeshop-Business gemacht. In Deutschland hatten sie sich gerade etabliert und strebten eine Kooperation mit Karstadt an.

Inspiriert von diesem amerikanischen Trend gründen in Deutschland mehr und mehr Unternehmer Coffeeshops. „World Coffee“ angeführt von Roman Koidl expandiert rasend schnell. „Balzac“ die Marke einer jungen Unternehmerin aus Hamburg setzte Standards. „Coffee Store“ die Coffeeshop-Kette von Dr. Steffen Schwarz , startete in Mannheim und engagiert sich bis heute stark für den Beruf des Barista. Es gibt noch eine ganze Reihe mehr solcher enthusiastischen Gründer die ihre Kaffeekonzepte umsetzten und zum größten Teil auch heute noch erfolgreich am Markt agieren. Ich gehe an dieser Stelle nicht auf die einzelnen Richtungen ein. Nur so viel: Es gab ganz eindeutig zwei Trends in der Szene. Die reinrassig italienische Prägung sah eher den Espresso im Mittelpunkt, während die amerikanisch geprägten Konzepte sich eher den milchhaltigen Kaffeegetränken, gerne auch mit Flavour widmeten. Eines hatten sie beide gemeinsam: Die Herstellung der Kaffeegetränke erfolgt erst bei Bestellung und wird mit hochwertigen Siebträgermaschinen und hochwertigen Kaffeebohnen sorgfältig Tasse für Tasse durchgeführt.

Fast zehn Jahre später ist die 3rd Wave vollends in Deutschland angekommen. Kaffee wird wieder als hochwertiges Genussmittel geschätzt und geachtet. Es gibt wieder rund 600 Kaffeemanufakturen, die sich allesamt um hohe Qualität und fairen Handel bemühen.


frisch geröstete Kaffeebohnen sind Voraussetzung für guten Third-Wave-Coffee

Die Bohne steht im Zentrum der Aufmerksamkeit. Es geht um hochwertige Lagenkaffees, es geht um Frische und es geht um Fairness. Kaffee wird wieder als kleinbäuerliches Genussmittel, ähnlich wie Wein wahrgenommen.

Für Thrid Wave Kaffeeleute sind die Qualitätsansprüche hoch und Abstriche werden nicht geduldet. Nicht nur Anbaugebiet und Lage sind entscheidend. Es ist wichtig zu wissen, welche Arabica Sorte der Kaffee ist. Für das Aroma ist ausschlaggebend auf welchem Boden, in welcher Höhe der Kaffee wächst, wie er geerntet und weiterverarbeitet wird und natürlich wie er geröstet und letztendlich zubereitet wird. Es gibt einen erfreulichen Trend zu helleren (maximal kastanienfarbenen) Röstungen, die den wahren Charakter der Bohne betonen.

Neben den Ansprüchen an die Bohnen an sich nimmt auch die soziale Verantwortung einen hohen Stellenwert ein. Deshalb suchen wir den Dialog zu kleinen Kaffeebauer. Wir stellen klare Anforderungen an die Bauern. Das höchste Qualität gefordert wird ist für die Bauern ein neue Chance aus ihren ärmlichen Verhältnissen zu entkommen. Für Spitzenkaffees die sich auf einer Skala von 0-100 im oberen Viertel bewegen werden sehr hohe Preise gezahlt. Die Arbeit lohnt sich. Weg von der billigen Massenware hin zu gut bezahlten Spitzenkaffees.

Mit dem Cup of Excellence wurde eine Instanz geschaffen bei der von einer internationalen Jury von Kaffeeexperten die besten Kaffees des Landes nominiert und bewertet werden. Die Kaffees werden bei Auktionen zu hohen Preisen versteigert. Einen Cup of Excellence Kaffee zu haben ist nicht nur für den Bauern ein großer Erfolg, sondern für das ganze Anbauland.

Für die dritte Welle steht auch die Rückbesinnung auf alt bewährte Zubereitungsarten. Das Zubereiten von Kaffee per Hand mit Filter, Bodumkanne, Karlsbader Kanne oder ähnlichem steht hoch im Kurs.

Die dritte Welle steht für bewussten Genuss, nachhaltigen Anbau hochwertiger Kaffees und fairen Handel. Wir unterstützen diese neue Welle getreu unserem Motto „Coffee is Passion“.

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Alex K.
28.11.2017 20:16
Auf dieser 3. Welle reite ich seit ~2007. 3Monate Brasilien waren da ausschlaggebend.
In der Firma sind die näheren Kollegen seit 2009 konvertiert. Anfangs meinten viele der Kaffeegeschmack sei egal. Wenig später saßen wir einmal versehentlich auf dem trockenen. Der dann vom Chef schnell herbeigeschaffte S.......o endete fast in einer Meuterei...Den üblen Industriekaffegeschmack verdrängt man zum Glück sehr schnell.

„Nachteil“ ist, dass man beim Auswärtstrinken sich erst einmal zum Kaffee überwinden muss. Auf Reise sinkt mein Kaf
Bin ich auf Reise, so sinkt mein Kaffeekonsum auf ein Minimum.

Toller Blogeintrag übrigens :)