Der Beitrag: Grob oder Fein? Welche Bedeutung hat der Mahlgrad für die Kaffeezubereitung? wurde am Mittwoch, 24. August 2016 veröffentlicht und unter Kaffeezubereitung abgelegt.

Grob oder Fein? Welche Bedeutung hat der Mahlgrad für die Kaffeezubereitung?


Sie haben sich einen guten, frisch gerösteten Kaffee bei uns bestellt. Endlich ist er angekommen. Der Duft, der aus der geöffneten Tüte strömt, betört ihre Sinne. Am besten gleich eine gute Tasse Kaffee zubereiten. Schnell die Bohnen in die Kaffeemühle, mahlen, und gleich mal eine Tasse gebrüht.

Und dann die Enttäuschung: Boaahh! Der Kaffee schmeckt nicht! Der ist einfach nur bitter!

Bevor sie jetzt den Kaffeeröster ihres Vertrauens in die Hölle wünschen, prüfen sie nochmal die Zubereitung nach. Ganz offensichtlich ist der Kaffee zu fein gemahlen. Dadurch werden beim Überbrühen zu viele Stoffe aus dem Kaffeepulver gelöst. Auch solche, die wir in der Tasse nicht haben wollen. Allen voran die Bitterstoffe.

Kaffeezubereitung: Ein Extraktionsprozess


Im Grunde ist die Kaffeezubereitung ein Extraktionsprozess. Wir versuchen aus dem Kaffeepulver die gewünschten Stoffe, vor allem die Aromastoffe mit Hilfe von Wasser zu extrahieren.

Kaffee enthält über 1.000 Aromen und ist damit eines der aromareichsten Genussmittel überhaupt. Trotzdem, oder gerade deshalb, wollen wir nicht alle Aromen und sonstigen löslichen Teile im Kaffeegetränk wiederfinden. Speziell die Bitterstoffe möchten wir nicht in der Tasse haben. Im Allgemeinen geht man davon aus, dass bei einer vollendeten Extraktion rund 20 % der Aromen in das Getränk gelöst werden. Dauert der Extraktionsprozess zu lange, werden mehr als 20 % der Aromen aus dem Kaffee extrahiert. Er gilt damit als überextrahiert. Er wird zunehmend bitter, weil zu viele Bitteraromen extrahiert wurden. Wir möchten in der Tasse nur die leicht löslichen Aromen, die vor allem in den Kaffeeölen vorhanden sind. Wenn wir jedoch versuchen würden, den Extraktionsprozess möglichst zu verkürzen, kann es passieren, das der Kaffee flach und fade schmeckt. Der Kaffee ist unterextrahiert. Will sagen: Er hatte nicht genügend Zeit, die wichtigen Aromastoffe an das Wasser abzugeben.

Was hast der Mahlgrad mit dem Geschmack zu tun?


Die einfache Antwort: Eine ganze Menge. Der Mahlgrad bestimmt neben der Temperatur und der Qualität des Wassers maßgeblich die Extraktion der Kaffeearomen. Würden wir die von Ludwig van Beethoven bevorzugten 60 Kaffeebohnen für einen Mokka einfach in eine Tasse heißes Wasser legen, könnten wir sehr lange warten, bis daraus ein Mokka werden würde. Wir müssen also die Oberfläche der Kaffeebohnen vergrößern, damit das Wasser eine größere „Angriffsfläche“ hat.

Mahlgrad für unterschiedliche Kaffeezubereitung - French Press Kaffee grob gemahlen, Espresso wird fein gemahlen

So einfach erklärt sich der Zusammenhang zwischen Mahlgrad und Zubereitungsart des Kaffees. Je gröber der Kaffee gemahlen ist, umso mehr Zeit benötigt das Wasser, die wichtigen Aromastoffe zu lösen. Umgekehrt bedeutet das, dass ein sehr fein gemahlener Kaffee nur kurze Zeit mit dem Wasser in Verbindung kommen sollte. Die Oberfläche der Kaffeebohnen ist bei der feinen Vermahlung derartig groß, das Wasser kann die leicht flüchtigen Aromen quasi im Vorbeilaufen in die Tasse mitnehmen.

Die goldene Regel lautet also: Kurze Brühdauer feiner Mahlgrad. Lange Brühdauer grober Mahlgrad.

Keine Regel ohne Ausnahme. Für die Zubereitung eines echten türkischen Mokka wird der Kaffee sehr fein gemahlen und dann mit Wasser zweimal aufgekocht. Dazu verbleibt das Pulver, respektive der Satz, auch noch in der Tasse. Jedoch wird der Mokka bevorzugt mit sehr viel Zucker genossen, das gleicht die Bitterkeit durch die Überextraktion wieder aus. In der Tasse setzt sich der besonders feine Kaffeesatz ab. Manch einer kann daraus die Zukunft bestimmen.

Trotz dieser Ausnahme bleibt die Regel eine sehr gute Orientierung für ihre Kaffeezubereitung. Die perfekte Extraktion ist allerdings noch von anderen Faktoren abhängig. Wichtig sind neben dem Mahlgrad vor allem der Härtegrad und das Säureprofil des Wassers. Das Wasser sollte möglichst ph-neutral sein einen mittleren Härtegrad haben. Am besten nähert man sich dem individuell richtigen Mahlgrad durch probieren. Möchten Sie den Kaffee lieber etwas kräftiger, stellen Sie den Mahlgrad etwas feiner. Soll er etwas milder werden, mahlen Sie den Kaffee grober.

Welcher Mahlgrad ist der Richtige?


Die folgende Liste soll ihnen einen Überblick über die grundsätzlichen Mahlgrade verschaffen:

Feiner Mahlgrad
  • Mokka (sehr fein, schon fast wie Mehl)
  • Espresso aus dem Siebträger
  • Kaffeevollautomat

Mittlerer Mahlgrad

  • Espressokocher
  • Aeropress
  • Handfilter

Grober Mahlgrad

  • Syphon
  • French-Press (Pressstempelkanne, Bodum-Kanne)
  • Karlsbader Kanne
Innerhalb der Gruppen habe ich von fein nach grob sortiert. Es gibt leider keine einheitliche Mahlgradeinteilung, sodass Zahlenwerte auf einer Mühle nur für die eigene Orientierung geeignet sind. Sie sind in keinem Fall übertragbar auf eine andere Mühle.
Man muss die Kaffeezubereitung nicht als Wissenschaft ansehen. Es macht trotzdem sehr viel Spaß verschiedene Methoden und Mahlgrade auf ihre geschmacklichen Auswirklungen zu testen. Und wenn Sie mit den Mahlgraden durch sind, probieren Sie mal verschiedene Wässer aus, oder verschiedene Temperaturen oder…. Sie merken, man kann alles übertreiben.
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Grob oder Fein? Welche Bedeutung hat der Mahlgrad für die Kaffeezubereitung? : 5 / 5 ( 197 Stimmen )
  1. hugh
    sehr guter artikel.ich hab eine frage:kann man an einer voll-automatischer kaffe-maschine die temperatur des Wasser einstellen?
  2. Noah54
    Super Artikel. Endlich weiss ich Bescheid!
  3. Vera
    Super geschrieben, so ausführlich. Heute mittag werd ich gleich mal am Vollautomaten fein einstellen. Bin sehr gespannt Dankeschön
  4. Thom
    Super geschrieben, habe eine 100Jahre alte Peugeot Kaffee Mühle damit mahle ich Recht grob für Handfilter...also alles richtig gemacht und für meinen Syphon weiß ich nun auch Bescheid
  5. Ich trinke meinen Espresso gerne mit meiner Bialetti Brikka manchmal hab ich mich gewundert wieso der Espresso plötzlich anders schmeckt wie letztes mal. Jetzt weiß ich warum beim mahlen der Kaffeebohnen habe ich nie genau auf den Mahlgrad geachtet. Jetzt achte ich auf einen feinen Mahlgrad und siehe da der Geschmack von meinem Espresso ist einfach Top.

    Danke für diesen super Artikel :-)
  6. Franz-Josef
    Habe gerade einen Vollautomaten gekauft und nach dem richtigen Mahlgrad gesucht. Danke für den ausführlichen Artikel zu dem Thema. Jetzt habe ich die Zusammenhänge begriffen :-)
  7. Ich habe gerade erst ausgiebig zum Thema "Den richtigen Mahlgrad finden" recherchiert und der Artikel hier ist tatsächlich einer der besten. Ich habe in letzter Zeit mit meiner Espressokanne auch schon einiges ausprobiert und es ist der Wahnsinn wie unterschiedlich die Ergebnisse im Geschmack sind. Der Aufwand des Ausprobierens lohnt sich hier also definitiv!

    Danke für den super Artikel! :)
    Grüße
  8. Wow, ich war mir nie bewusst, dass das Mahlgrad für den Geschmack des Kaffees so wichtig ist. Ich habe ihn einfach immer so lange in die Mühle gegeben, bis er ganz fein war. Werde das gleich mal ausprobieren. Ich verwende am liebsten Aeropress.
  9. Danke für den guten Artikel, ich hatte mir nie wirklich darüber Gedanken gemacht, aber es stimmt dass es sehr viel ausmacht! Mein Lieblingskaffee kommt auf den siebträger Kaffeemaschinen! Liebe Grüsse
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