Die 1980er Jahre waren beim Thema Kaffee vor allem durch die Industriekaffees geprägt. Kaffeemanufakturen und familiengeführte Kleinröstereien gab es kaum noch. Mitte der 1970er Jahre gab es Frost in Brasilien was zu einem erheblichen Ernteverlust führte. Als wäre das noch nicht genug, breitete sich der gefürchtete Kaffeerost, eine Pilzerkrankung der Kaffeebäume, die häufig zur vollständigen Zerstörung der Pflanze führt, in Süd- und Mittelamerika aus. Die meisten Kleinröstereien konnten die um über 300 Prozent gestiegenen Rohkaffeepreise nicht an ihre Kunden weitergeben und mussten ihre Kaffeeröstereien schließen. So dominierten in den 1980er Jahren die Marken Tchibo, Eduscho, Jacobs und Aldi mit einem Marktanteil von über 70 Prozent vor Melitta, Aldi und Darboven den Kaffeemarkt.
Kleine Lebensmitteleinzelhändler, sogenannte „Tante Emma Läden“ wurden mehr und mehr von den Discountern, Supermärkten und Warenhäuser verdrängt. Damit war die Vertriebsbasis für die kleinen und mittelständigen Kaffeeröster stark dezimiert. Die Supermärkte und Discounter ließen sich fast ausschließlich von den industriellen Kaffeeröstereien beliefern, weil sie mit diesen deutlich niedrigere Preise verhandeln konnten. Die beiden Albrecht Brüder galten mit ALDI als Gewinner dieser Konkurrenzkämpfe und rückten mit ihrer Kaffeerösterei auf Platz 3 der verkaufsstärksten Kaffeeröstereien vor. Nur Tchibo und Eduscho verkauften noch mehr Kaffee.
Auch wenn der Kaffee Anfang der 1980er vergleichsweise teuer war, tranken die Deutschen doch mehr Kaffee denn je. Sie hatten endlich wieder Spaß an einer Tasse Filterkaffee, den sie in den 1970er aufgrund der oben geschilderten Ereignisse in den Erzeugerländern so sehr vermissten. Ersatzkaffee aus Malz, Korn oder Zichorien, manchmal gemischt mit echtem Bohnenkaffee war Ende der 1970er Jahre erschwinglich und in jedem Lebensmittgeschäft zu finden.
Während Tchibo und Eduscho ihren Kaffee als Bohnen verkauften und in ihren „Frische-Depots“ erst auf Kundenwunsch mahlten, setzten die meisten anderen Röstereien auf gemahlen Kaffee in Vakuumverpackungen. Mehr und mehr setzte sich die 500 g Packung filterfein gemahlen und vakuumverpackter Kaffee durch. Die sogenannte „Ziegelsteinverpackung“ war aus mehreren Gründen vorteilhaft für alle Beteiligten. Zum einen mussten die Kaffeeröster den Kaffee nicht mehr in größeren, mehrschichtigen Folienverpackungen einschweißen oder gar auf den Verkauf in Kaffeedosen setzen, zum anderen konnten die „Brickpacks“ deutlich einfacher palettiert und im Supermarkt standfest in die Regale geräumt werden.
Kaffee war in den 1980er Jahren allgegenwärtig. Er wurde meist morgens zum Frühstück und nachmittags getrunken. Kaffee wurde familiär mit Gemütlichkeit, Geborgenheit, ja sogar mit Nestwärme assoziiert. Frauen tranken deutlich mehr Kaffee als Männer. Sie waren zumeist auch für den Einkauf verantwortlich und bestimmten damit, welcher Kaffee zu Hause auf den Tisch kam.
Die liebe Freundin Karin Sommer, die Werbeikone von Eduscho, zeigt der geneigten Hausfrau gerne, wie man den Kaffee richtig zubereitet, und vor allem, welche Sorte es für den perfekten Kaffeegenuss sein muss. Vielleicht erinnern Sie sich noch an den einprägsamen Werbespruch „Mühe alleine genügt nicht…“. Mitte dieses beeindruckenden Kaffeejahrzehnts stieg der Außer-Haus Konsum von Kaffee deutlich an. Der Löwenanteil des Außer-Haus Konsums fand am Arbeitsplatz statt. In vielen Bürofluren gab es Kaffeeküchen, die für die Mitarbeiter mehr und mehr zum Pausenort wurden. Zum kurzen Schnack mit den Kollegen an der Kaffeemaschine. Auch in den Werkhallen tranken immer mehr Männer neben einer Flasche Bier auch gerne mal einen Kaffee.
In den späten 80ern wurde Kaffee durchaus auch als Prestigeobjekt entdeckt. Die Italien-Urlauber brachten die Erfahrung eines Espresso oder eines Cappuccino mit nach Hause. Kaffeegetränke, die auf der deutschen Kaffeetafel undenkbar waren. Wer zeigen wollte, dass er Genuss technisch auf dem aktuellen Stand ist, und über entsprechende Barmittel verfügte, kaufte eine La Pavoni Siebträgermaschine aus Italien und versammelte seine Gäste um die chromblitzende Maschine. Für immerhin rund 2.000 DM konnte man so einen Espresso handwerklich zubereiten. Für die weniger emotionalen Kaffeegenießer kamen die ersten Kaffeevollautomaten auf den Markt. Auch für diese Maschinen von Scherer oder Saeco konnte man locker zwischen 2.000 und 2.500 DM auf den Tisch blättern. Die großen Kaffeeröster in Deutschland beobachteten diesen neuen Trend jedoch mit Skepsis. Sie waren der Meinung, dass sich Trendgetränke wie Espresso oder Cappuccino nicht in der breiten Masse der Deutschen durchsetzen werde. Wie wir heute längst wissen, haben sich die Trendforscher und Marketingabteilung getäuscht. Schon in den späten 1990er waren Espresso und Cappuccino nicht mehr aufzuhalten und zu Erfolgsgetränken avanciert.
Die Firma Nestlé war bekannt für ihren löslichen Kaffee. Sie erkannte den Trend zum Convenience Produkt Cappuccino und brachte 1988 mit viel Erfolg einen Pulvercappuccino, der nur mit heißem Wasser übergossen werden musste, auf den Markt. Das Produkt, bestehend aus Instantkaffee, Milchpulver, Zucker und Fett kam so gut bei den Verbrauchern an, das Nestlé die Fernsehwerbung einstellte, weil sie mit der Produktion nicht nachkamen. Die Wettbewerber erkannten das Potential und kamen ihrerseits ebenfalls mit Pulverkaffeeprodukten auf den Markt. Bei den Konsumenten erfreuten sich die löslichen Kaffeezubereitungen großer Beliebtheit. Konnte man sich so auch ohne teuren Kaffeevollautomaten oder Siebträgermaschine den Hauch eines Italienurlaubs nach Hause holen.
Der gesundheitliche Aspekt des Kaffeegenusses wurde in den 80er Jahren kontrovers geführt. Die eine Forschergruppe warnte vor Bluthochdruck und Herz- Kreislaufproblemen, andere Forscher freuten sich über den krebshemmenden Effekt des Coffeins. Für Kaffeebefürworter und für Kaffeegegner gab es reichlich Argumente. Die Kaffeeröster reagierten auf die unterschiedliche Einschätzung mit „Schonkaffees“. Teilentkoffeinierte Kaffees sollten den Menschen mit Einschlafstörungen helfen und insgesamt sollte der Kaffee „mild“ und „reizarm“ sein. Damals waren solche Worte in der Werbesprache noch erlaubt. Von dem neuen Gesundheitsbewusstsein beim Kaffee profitierten auch die Ersatzkaffeeanbieter. „Landkaffee“ war wieder voll im Trend. Das Surrogat feierte vor allem als Instantgetränk sein Comeback.
Es gäbe noch so viel zum Thema Kaffee in den 1980er Jahren zu berichten, vor allem, wenn man über den großen Teich schaut und sich die Trends in den USA ansieht. Insgesamt hat Kaffee seine Bedeutung als Genussmittel und als „kleinen Luxus für zwischendurch“ nie verloren. Im Gegenteil: Der Trend zu hochwertigen Kaffees, zu handwerkliche gerösteten Kaffees wächst weiter. Die Konsumenten von heute wollen vor allem wieder mehr über ihren Kaffee wissen: Wo kommt er her, welche Varietät ist es, wie wurde er geröstet und welche Zubereitungsform ist die Beste für diesen Kaffee. Ein Trend, der dazu geführt hat, dass es heute wieder mehr als 1.000 kleine und mittelständische Kaffeeröstereien gibt. Für jeden Anspruch und für jeden Geschmack ist heute ein Kaffee aus handwerklicher Fertigung zu finden. Es bleibt dabei: Kaffee ist Genuss und man sollte ihn sich jeden Tag gönnen.
Wie waren ihre 80er Jahre? Lassen Sie es mich gerne in den Kommentaren wissen.